Dr. Armin Fischer, Klinikum Werra-Meißner

Dr. Armin Fischer, Klinikum Werra-Meißner

Herr Dr. Fischer, jede dritte Frau über 55 und jede vierte Frau nach der Geburt leidet statistisch gesehen unter Beckenbodenschwäche. Obwohl dieses Leiden also so verbreitet ist, redet niemand gern darüber. Merken Sie das? Wann kommen die Patientinnen zu Ihnen?

Dr. Armin Fischer: Leider oft viel zu spät. Hier in der Region sogar ganz oft von Ihrem Hausarzt, Internisten oder Urologen. Die konsequente frauenärztliche Konsultation einmal jährlich zur Krebsvorsorge wird hier nicht ganz so konsequent betrieben, wie ich das aus dem Rhein-Main-Gebiet kannte. Dabei haben sich die Frauen oft schon seit vielen Jahren mit dem Problem der Blasenschwäche, der Stuhlinkontinenz, der Senkungsbeschwerden herumgeschlagen. Irgendwann, wenn die Beschwerden dann zu schlimm sind, der Leidensdruck zu groß oder der Aktionsradius zu sehr eingeschränkt wird, weil man außer Haus nur noch von Toilette zu Toilette denken kann, kommt es dann zur Kontaktaufnahme.

 Wann sollten die Frauen Ihrer Meinung nach Hilfe suchen?

Dr. Armin Fischer: Wir sind jetzt sehr bemüht darum, zu erreichen, dass zumindest die Frauen, die bei uns in ESW entbunden haben, sechs bis acht Wochen nach der Entbindung zum ersten Mal zum Beckenbodencheck kommen, um hier eine frühe Prävention einzuleiten. Ansonsten sollten Frauen sich an uns wenden, die Probleme mit dem Beckenboden haben, und zwar ab dem Moment, wo sie es als „krankheitswert“ erleben.

 Gibt es neben Ihnen noch weitere Experten in der Region, wo Patientinnen sich Rat holen können?

Dr. Armin Fischer: Es gibt in der Umgebung noch andere „Beckenbodenzentren“, oftmals aber mit einer eindeutig operativen Ausrichtung. Ich vertrete hier ein anderes Konzept: Prävention, konservative Therapie so lange wie möglich und so viel wie nötig. Erst am Ende der Kette stehen operative Verfahren, die wir dann im Klinikum Werra-Meißner auf höchstem Niveau (AGUB III) und interdisziplinär (wenn erforderlich) anbieten.<br>

 Was muss aus Ihrer Sicht in der Region passieren, damit die Inkontinenz gar nicht erst immer weiter fortschreitet bei den Patientinnen?

Dr. Armin Fischer: Ich denke, es wäre gut, die Bevölkerung käme weg von dem „Sich-Verstecken-Wollen“ und würde sich aktiv um eine Verbesserung der Situation bemühen. Das heißt, die Frauen müssten sich „outen“ und Hilfe suchen, anstatt sich zu verstecken und mit Hilfe der in der Werbung so oft angepriesenen Saugvorlagen ein Leben zu fristen, das qualitativ in vielen Fällen besser sein könnte, würde man nur zu seinem Leiden stehen.

Welche Therapiemöglichkeiten Dr. Armin Fischer empfehlen kann, lesen Sie hier.

Zur Person: DR. ARMIN FISCHER ist Chefarzt der Gynäkologie und Urogynäkologie am Klinikum Werra-Meißner in Eschwege. Gemeinsam mit Prof. Dr. Michael Korenkov, Chefarzt der Abteilung Allgemeinchirurgie am Klinikum Werra-Meißner, betreibt er den Interdisziplinären Beckenbodenschwerpunkt am Klinikum Werra-Meißner.

Informieren Sie sich: „Blasenschwäche? Tun Sie etwas für Ihren Beckenboden!“ heißt die Veranstaltung mit Dr. Armin Fischer im Rahmen unserer Themenreihe „Wissen schafft Gesundheit“. Sie findet am Mittwoch, 26. Februar ab 18.30 Uhr in der GWMK-Geschäftsstelle (Friedrich-Wilhelm-Straße 33, Eschwege) statt.